Aktuelle Zeit: Fr 19. Apr 2024, 02:03

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 3 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Eindrücke von Ólimbos
BeitragVerfasst: Di 10. Nov 2009, 09:58 
Offline

Registriert: Do 25. Jun 2009, 12:07
Beiträge: 154
Eindrücke von Ólimbos

Das neue Hotel (ein Ex-Bürgermeister hatte hier seine Hand im Spiel) im Hang rechts unterhalb der Taverne Mílos sieht schon fast fertig aus. Ein bisschen verwundert es einen schon, was da in diese stille Abseitslage hingestellt wurde. Passt nicht sonderlich zum Dorfbild, geht ansonsten aber gerade noch.

Auf dem sanft ansteigenden Weg von den nördlichen Windmühlen zum Mégaro und zum Dorf hin denke ich zurück an den Alten mit seiner Lyra, der hier einmal ganz unbeirrt seine heimischen Weisen der untergehenden Sonne entgegenspielte. Da ging ein sanfterer Wind als jetzt, und man konnte im Hintergrund sogar ein kleines Stückchen Ostkretas erahnen.

Die Musik in Ólimbos. Zu den besten Zeiten, noch gut in die 90er-Jahre hinein, haben sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit ganz spontan musiziert. Falls nicht gerade ein Gemeindemitglied verstorben war. Fast immer in dem winzigen Kafenío ("Tzamboúna") von A(n)dónis Zografídhis an dem kleinen Platz unterhalb der Stufen hinauf zur Kirche. Gleich um die Ecke von der Café-Taverne Parthenó. Selbst das Spielverbot in der Karwoche nahmen sie nicht so genau.

Kein Wunder, ist doch Adónis' Bruder, Michális, der allseits bekannte Ex-Postbote der Großgemeinde Ólimbos, ein ganz begnadeter Lyraspieler und auch passabler Sänger. Heutzutage lebt er leider in Pigádhia und kommt nur gelegentlich zu Besuch.
Ja damals. Als Adónis noch nicht herzkrank war. Da ging's auf in dem Musikkafenío!

Adónis am Dudelsack, diesem äußerst einfach aussehenden weißen Lederlappen, Michális an der Lyra, irgendeiner - im nicht schlechtesten Fall der Schuster und Radio-Ólimbos-Mitbetreiber Jánnis Preáris - am Laoúto. Und die anderen paar Anwesenden als Sänger bekannter Weisen oder gar als bemühte Mantinádhes-Erfinder, je nachdem.
Diese so typischen einheimischen Klänge und Rhythmen. Dídi-daaada-dídi-daaada. Strecken sich manchmal über Stunden hin, so etwa beim nächtlichen Tanz am Osterdienstag.
Doch auch bei Adóni konnte es lange dauern. Pápa Jánnis (früherer Beruf: Maurer. Und nun Priester) und Michális als Vorsänger. Ich als Mitbrummer, wenigstens einen "Generalbass" versuchend. Dazu gab es immer Whisky (kretisch: Wístschi), das Lieblingsgetränk der Musiker auch bei den Festen. Man spielte auch auf Wunsch langjähriger Besucherinnen und Besucher, wenigstens ein Viertelstündchen.

Manchmal trifft man Adóni beim Mundstückschnitzen an, für einen Dudelsack. Er wehrt ab, sagt, er könne nicht mehr so gut spielen wie früher. Es gibt zweifellos einige andere Nachwuchstalente.

Bei einer meiner ersten Reisen nach Ólimbo wache ich eines frühen Morgens auf. Dudelsackklänge dringen in mein Zimmer im südlichen Ortsteil. Ich suche nach dem musizierenden Frühaufsteher und sehe ihn schließlich zu Füßen der ersten südlichen Windmühle sitzen, dort, wo heute der Einstieg des Weges auf den Profíti Ilía markiert ist. Er lässt einfach seiner Spielfreude freien Lauf, gibt der aufgehenden Sonne ein Morgenkonzert. Heimelig hallen die Töne über das friedlich daliegende Dorf. Eine völlig andere Welt als Lefkós, Amoopí oder gar Pigádhia. Gerade noch mit Mes(s)ochóri vergleichbar.

Warum nur diese beiden hässlichen Müllschleppen, die sich direkt vom untersten hangparallelen Westseitenweg kleine Schluchten meerwärts hinabziehen? Ganze Matratzen, Eisengestelle, Bauschutt, Reifen und alles mögliche Kleinzeugs wird da hinuntergekippt. Die Landschaft ist archaisch genug und von so herber Schönheit, dass sie sogar noch diese Schuttrinnen irgendwie verkraftet und integriert.

Eimal wohne ich nördlich außerhalb des Dorfes, gleich unterhalb des letzten bebauten Bergsporns unweit der Taverne Mílos. In einem von zwei auf ein Wohnhaus aufgesetzten Fremdenzimmern mit großer Terrasse davor. Aus meinem kleinen Badfenster blicke ich auf die gewaltig zerrachelten Flanken des Korifí-Berges (bedeutet eigentlich nur "Gipfel"). Ich komme mir vor wie vor 2000 Jahren, wie in biblischen Zeiten.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags: Re: Eindrücke von Ólimbos
BeitragVerfasst: Di 10. Nov 2009, 23:05 
Danke für ein paar Minuten schwelgen in Erinnerungen und auch neuen Eindrücken.
Auch uns fasziniert der Norden der Insel immer wieder, dieses Jahr waren wir schon so weit, dass wir überlegt haben, unseren gesamten nächsten Urlaub dort oben zu verbringen.
Dieses Jahr hatten wir das Gefühl, dort richtig integriert worden zu sein.
Dazu sind aber wirklich mehr als nur 1-2 Tage Aufenthalt erforderlich.
Unser derzeitiger Griechischkursus wird uns hoffentlich dabei helfen, noch mehr zu verstehen...nicht nur das gesprochene Wort.
Bis dahin ist noch ein langer Weg, aber siga-siga ;).

Martin, wo hast du dieses Jahr gewohnt?

Liebe Grüße
Martina


Nach oben
  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags: Re: Eindrücke von Ólimbos
BeitragVerfasst: Do 12. Nov 2009, 08:37 
Offline

Registriert: Do 25. Jun 2009, 12:07
Beiträge: 154
Hallo Martina -

Hier noch eine Antwort (neben der per E-Mail), nachdem das jetzt funktioniert.
Griechischkurs ist immer gut, aber gerade auf Kárpathos sprechen sehr viele Menschen Englisch, wegen all der zeitweiligen Auswanderung in englischsprachige Länder.
Im Norden länger bleiben ist auch immer (sehr) gut!

Gruß
Martin


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 3 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu: