8.7.13-9.7.13
Wieder unterwegs im Norden. Auf der Straße von Spoa nach Olympos hat sich zum Vorjahr nichts verändert, das kurze ungeteerte Stück gibt es weiterhin, etwas weiter sind große Steinbrocken runtergekommen und haben neuen Schaden angerichtet. Zwischendurch anhalten und die grandiose Landschaft genießen, Wolken bleiben an den Bergen hängen und der Meltemi bläst dieses Jahr besonders heftig. Trotz gut ausgebauter Straße wirkt hier alles noch rau und ursprünglich. Diesmal fahren wir vorbei an Olympos Richtung Diafani und biegen dann links ab: Es geht nach Awlona und von da aus dann auf den Fußweg nach Wurgunda. Die Rückkehr ist aber erst für den nächsten Tag geplant, da wir in Wurgunda am Strand übernachten wollen. Begleitet werde ich von meinem alten Karpathos-Freund aus Linz, der jetzt schon seit über 37 Jahren auf die Insel kommt. Eine Übernachtung soll gut vorbereitet sein. Also Rucksack packen mit Proviant (Sardinen-Dosen, Obst, Kekse und Brot, reichlich Wasser und eine Flasche Retsina), Schnorchelsachen und Schlafsack. Auf dem Weg nach Awlona nehmen wir eine alten Karpathioten mit, der zu Fuß von Olympos zu seinem Heimatdorf unterwegs ist. Er scheint uns zu verstehen. „Sie sprechen Deutsch“? „Ja, ein bisserl“..Sachen gibt’s.. Jedenfalls lotst er uns zu der einzigen Taverne in Awlona, die hier schon oft beschrieben wurde. Die Abgeschiedenheit und Ruhe hier ist wirklich beeindruckend. Aber man kann sich auch vorstellen, wie beschwerlich es ist, das Land zu bewirtschaften. Im Angebot ist das Artischocken Omelett und ein sehr leckerer griechischer Salat, ein Mythos dazu, wir müssen uns schließlich stärken vor unserem Abenteuer. Schade, gefüllte Zucchiniblüten hätte es auch gegeben, haben wir zu spät bemerkt. So langsam müssen wir aufbrechen. War es gerade noch etwas bewölkt, also eigentlich ideales Wanderwetter, kommt jetzt doch die Sonne richtig durch. Obwohl es dieses Jahr auf Karpathos nicht nur extrem windig ist sondern auch relativ milde Temperaturen vorherrschen. Hatten wir letztes Jahr in Amopi noch bis zu 42 Grad, sind es dieses Jahr nur immer zwischen 28 und 30 Grad, mit ein paar Spitzen nach oben. Zum wandern aber immer noch heiß genug. Wir stellen das Auto etwas abseits des Dorfes noch nach den zwei Feigenbäumen (wie im MM-Reiseführer beschrieben) ab. Der Hund, der auf der gegenüberliegenden Seite angeleint ist, wird es wohl bewachen. Aber was heißt bewachen: Wir sind hier auf Karpathos, da kann man das Auto auch offen stehen lassen. Also Rucksack geschultert und los geht’s. Erst querfeldein dann kommen wir wieder auf den Fußpfad, der gut zu finden und gekennzeichnet ist. Das erste Stück geht flach über die Hochebene, ein Blick zurück nach Awlona dann geht es in eine menschenleere, grandiose, spärlich bewachsene Felsenlandschaft. Nachdem wir ein Gatter passiert haben, gehen wir noch ein Stück weiter geradeaus, danach führt der Pfad nur noch bergab. Er ist gut zu gehen, trotzdem sollte man konzentriert bleiben. Ab und zu ist er schon steinig mit Geröll, hier einmal umknicken und man hat ein Problem. Schon von weit oben sieht man zuerst das Meer, dann zeichnen sich langsam die beiden Landzungen von Wurgunda ab. Nach knapp 1,5 Stunden kommen wir unten an. Zunächst geht es Richtung Strand. Schon auf dem Weg dorthin sehen wir unter einem Felsenvorsprung einige Esel stehen. Der Strand kommt mir im MM-Reiseführer zu schlecht weg. Gut, etwas Strandgut wurde angeschwemmt, ansonsten herrlicher Kieselstrand und tolles Schnorchelrevier wie sich noch herausstellen soll. An der Seite bei den Felsen gibt es Schatten, da schlagen wir zunächst unser Quartier auf. Erstmal abkühlen, eine Schnorchelrunde zur anderen Buchtseite wird gedreht. Und da gibt es einiges zu sehen: Zackenbarsche und tatsächlich gut erhaltene Amphoren am Meeresgrund!!! Währenddessen gibt es an der anderen Seite des Strandes einige Machtkämpfe unter den Eseln. Ein Jungtier wird ziemlich aggressiv von einem Muttertier vertrieben. Jetzt werden wir von diesem aggressiven Esel und seinem Begleiter genau beobachtet, zunächst aus großer Entfernung, dann nähert man sich Meter um Meter an diese komischen Touristen an. Schließlich stehen sie direkt vor uns und untersuchen neugierig unsere Sachen. Uns gegenüber sind sie gar nicht aggressiv, im Gegenteil, sie brauchen einige Streicheleinheiten. Außerdem übernehmen sie jetzt die Überwachung von unserem Strandlager...sie weichen nicht mehr von unserer Seite. Nicht die optimalen Bedingungen für ein Standpicknick. Wenn wir hier übernachten, wachen wir morgen wohl mit einem Esel im Schlafsack auf. Also verabschieden wir uns von unseren neuen Freunden und ziehen weiter Richtung Festplatz von Wurgunda. Jedes Jahr am 28. August pilgern die Karpathioten zum Fest des heiligen Johannes hier hin. Die meisten kommen wohl aber nicht über den Landweg sonder per Schiff von Diafani. Jetzt ist natürlich keine Menschenseele hier. Wir schlagen unser Lager auf dem überdachten Festplatz auf. Eine Wasserquelle gib es auch. Beindruckend die Johanneskapelle, die sich in einer Felsenhöhle befindet. Auf dem Weg zum Festplatz haben wir schon einige der antiken Felsengräber gesehen. Von hier kann man die Bucht sehr schön überblicken. Auf der anderen (östlichen Seite) wird wohl das Salz gewonnen und dort soll es auch ein antikes Badebecken geben. Den Weg dorthin schaffen wir aber nicht mehr. Von unserem Standort kann man den Sonnenuntergang nicht genau beobachten, da müssten wir etwas höher hinauf, aber dafür sind wir jetzt zu platt, den Sonnenaufgang auf der anderen Seite können wir wohl von hier aus morgen sehen. Zeit fürs Abendessen. Diesmal keine Leckereien aus dem 4Seasons, Esperida, Helios oder Golden Beach. Es gibt Sardinen aus der Dose, Brot und Retsina. Für nächste Mal merken: Eine Flasche Retsina ist zu wenig. Das letzte Mal habe ich 1981 am Komo Beach auf Südkreta im Freien geschlafen, Damals wurde es da noch geduldet, heute verboten, da Schildkrötenschutzgebiet. Vorher auch schon auf Ios und Korfu mit Schlafsack am Strand übernachtet. Also, alles schon ewig lange her. Nachteil hier: Der Boden ist aus Beton. Alle halbe Stunde muss man die Schlafstellung wechseln, die Knochen tun weh, extrem hartes Bett. Außerdem haben einige Ameisen beschlossen, meinen Arm als Autobahn zu benutzen. Entschädigung kommt von oben: Was für ein Sternenhimmel, Hotel mit Sternenhimmel halt... Langsam nähert sich der Morgen. Wolken hängen gefangen über den Bergen von Saria und dann: Sonnenaufgang in der Bucht von Wurgunda, Einsamkeit, Stille, wie schön kann die Einöde sein, Karpathos pur, mehr geht nicht. Kekse und Obst zum Frühstück. Danach wird die Johanneskapelle nochmal genau inspiziert. Dabei wäre es fast passiert. Die Höhle ist sehr kühl aber auch feucht. Als ich die Treppen runtergehen will rutsche ich aus und fahre als Bobfahrer auf meinem Hinterteil die Treppen runter. Nochmal gutgegangen, Glück gehabt. Etwas weiter höher kann man die Reste einer alten Stadtmauer sehen, der Boden ist übersät mit roten Tonscherben. Auf dem Rückweg besichtigen wir auch die Felsengräber etwas genauer. Wurgunda ist wirklich ein magischer Ort. Jetzt wird es langsam Zeit für den Rückweg. Wir wollen nicht in die Mittagshitze hineingeraten. Unser letztes Brot verfüttern wir noch an zwei Esel, die uns über den Weg laufen. Dann geht es bergauf, immer bergauf. Ich schaue lieber immer nur ein paar Meter nach vorne, dann sieht man wenigstens nicht, wie weit das noch hochgeht. Etwas Sport ab und zu wäre wohl doch nicht schlecht. Jedenfalls schnappe ich ganz schön nach Luft. T-Shirt und Kopfbedeckung pitschnass, Beine und Rucksack werden immer schwerer. Mein Abenteuerkollege scheint wesentlich fitter zu sein und scheucht mich den Berg hoch. Auf meinen Wunsch gibt es noch eine Wasserpause, nach sportlichen 1,5 Stunden sind wir wieder an unserem Auto. Es geht wieder zurück in die Zivilisation.......
Dirk
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